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1. Geschichte des Mittelalters - S. 83

1888 - Wiesbaden : Kunze
15. Karl der Große. 83 orten. Karl war von hervorragender Größe. Seine Gestalt bot, er mochte sitzen ober stehen, eine höchst würdige, stattliche Erscheinung. Er hatte einen festen Gang, eine burchaus männliche Haltung, eine helle Stimme und ein freunbliches Gesicht. Seine Kleidung war einfach und von seiner Gemahlin und seinen Töchtern gefertigt. Gleiche Einfachheit schätzte er bei seiner Umgebung und spottete daher, wenn eiteln Höflingen auf der Jagd die aus benx Morgenlanbe stam-menben feibenen Gewänber § ersetzt würden. In Speise und Trank war er mäßig, Wildbret, am Spieße gebraten, war sein Lieblingsgericht. Währenb der Tafel hörte er gern Musik ober einen Vorleser; Wein trank er wenig. Reiten, Jagen und Schwimmen waren seine Vergnügungen. Durch seine einfache, regelmäßige Lebensweise würde feine an sich schon ungewöhnliche Körperkraft noch erhöht, und es war ihm ein leichtes, ein Hufeisen zu zerbrechen und einen geharnischten Mann wie ein Ktnb emporzuheben. Durch Umgang mit gelehrten Männern und Beschäftigung mit den Wissenschaften gelang es ihm, die Mängel seiner Jugenbbilbung zu beseitigen. Er sprach Deutsch, Latein, lernte Griechisch und trieb in späten Jahren noch Rechnen und Astronomie; aber die Kunst des Schreibens bereitete seiner an das Schwert gewöhnten Hand unüberrombliche Schwierigkeiten, obgleich er sich selbst in schlaflosen Nächten barin übte. Neben dem Unterricht mußten sich seine Söhne im Reiten, Jagen und in den Waffen üben, die Töchter mit Spinnrocken und Spinnen beschäftigen, bamit sie sich nicht an Müßiggang gewohnten. Beim Mahle und auf seinen Reifen mußten feine Kinder um ihn fein. Seine Töchter ließ er nicht heiraten, fonbern behielt sie alle bis zu seinem Tode bei sich, weil er ohne sie nicht leben konnte. Eine Sage berichtet freilich, Eginharb habe das Herz seiner Tochter Emma (§. 16, 5), die er in Musik unterrichtete, gewonnen, worauf Karl sie ihm vermählt habe. Karl hatte bret Söhne, Karl, Pippin und Ludwig, aber nur der jüngste und unkbeutenbste überlebte ihn. Als Karl 813 auf einer Jagb in einer Schwäche der Füße die Vorboten des nahen Tobes ahnte, rief er die Großen des Reiches nach Aachen und empfahl ihnen feinen Sohn Ludwig, den er aus Aquitanien berufen hatte, als Nachfolger. Er legte biefem die heiligen Pflichten eines Regenten ans Herz und ermahnte ihn, Gott zu fürchten und feine Gebote zu halten, feine Verwanbten zu lieben und feinem Volke mit einem tugenbhaften Lebensroanbel voranzugehen. Karls Tod. Im Januar 814 würde Karl in Aachen von einem heftigen Fieber befallen. Er wollte sich mit feinem gewöhn- 6*

2. Geschichte des Mittelalters - S. 26

1888 - Wiesbaden : Kunze
26 Aus der deutschen Vorzeit. 2) in die Westgoten in Podolien, in der Moldau und den anliegenden Ländern zwischen der Theiß, der Donau und dem Dniepr. Die Goten waren die ersten Germanen, welche nach dem Vorgänge der Römer ihre heidnischen Gottheiten mit dem Christentum vertauschten. Der arianische Bischof der Westgoten, Ulsilas (f 381), übersetzte die Bibel in die gotische Sprache. Dies ist das älteste Denkmal deutscher Sprache, welches auf uns gekommen ist. Die Hunnen 375. Den Hauptanstoß zu der großen Bewegung germanischer Stämme nach Westen und Süden, welche als Völkerwanderung bezeichnet wird, geben die Hunnen. Diese waren ein mongolisches Reitervolk, welches das innere Hochasien mit Weib und Kind verlassen hatte und im Jahre 375 plötzlich im Osten von Europa erschien. Sie waren von unbändiger Wildheit; ihr gedrungener Körperbau zeigte breite Schultern und einen dicken Kopf, und aus dem braungelben Gesichte mit hervorstehenden Backenknochen blickten kleine, tief liegende Augen. Ihre Nahrung bestand aus Wurzeln und Fleisch, das sie durch einen tüchtigen Ritt auf dem Pferde mürbe machten. Sie waren ein Wandervolk, ihre Kleidung bestand in Kitteln von Leinen oder Fellen, die sie so lange trugen, bis sie ihnen vom Leibe fielen. Beständig saßen sie auf ihren Pferden, auf denen sie sogar ihre Beratungen hielten. Sie hatten keinen Begriff von Recht und Unrecht, keine Ahnung von einer Gottheit. Beim Angriffe benutzten sie wie alle asiatischen Reitervölker Pfeil, Säbel und Schlinge: sie sprengten blitzschnell heran, zogen sich zurück und ermüdeten dadurch den Feind. An der Wolga trafen sie auf die Alanen, überwanden dieselben und rissen sie mit sich fort. Die Hunnen und Alanen stießen nun auf die Ostgoten, deren König Hermanrich alt und krank darniederlag und dem gewaltigen Andrang nicht zu widerstehen vermochte. Er gab sich selbst den Tod, während sein Volk teils unterworfen, teils nach Westen auf seine Stammesverwandten gedrängt wurde. Während die Hunnen sich nun in den grasreichen Niederungen Südrußlands festsetzten, wo sie beinahe 70 Jahre sich ruhig verhielten, baten die Westgoten den römischen Kaiser Valens um Wohnsitze auf dem rechten Ufer der Donau und versprachen dafür feine Oberherrschaft anzuerkennen und die Grenzen zu schützen. Der Kaiser entsprach ihren Wünschen, und es wanderten 200 000 waffentragende, im ganzen wohl eine Million Goten ein. Bald entstand eine Hungersnot unter den Goten, und die Häuptlinge derselben unterhandelten mit den römischen Statthaltern um die nötigen Nahrungsmittel. Aber diese verkauften den Goten

3. Geschichte des Mittelalters - S. 198

1888 - Wiesbaden : Kunze
198 Dritte Periode des Mittelalters. den Menschen zu wandeln. Hierauf empfing er die Abzeichen des Ritterstandes, die goldnen Sporen, das Panzerhemd, den Harnisch, die Armschienen, die Ritterhandschuhe und das gegürtete Schwert. Vor dem Altare knieend, erhielt er mit der flachen Degenklinge drei Schläge aus Hals oder Schulter. Dies war der Ritterschlag, bei welchem folgende Worte üblich waren: „Im Namen Gottes, des heiligen Michael und Georg schlage ich dich zum Ritter." Mit Helm, Schwert, Schild und Lanze schwang sich der neue Ritter auf ein geschmücktes Roß und sprengte davon. Geschah der Ritterschlag nicht auf dem Schlachtfelde, so wählte man dazu hohe Feiertage und verband mit demselben ein Turnier, das größte Fest der Ritter. Das Rittertum duldete keine Beleidigung und sühnte dieselbe im Zweikampf. Der Herausfordernde warf dem Gegner den Handschuh vor die Füße; hob ihn dieser auf, so war dies ein Zeichen, daß er den Zweikampf annahm und vor Zeugen auskämpfen wolle. Die Turniere waren festliche Kampfspiele, bei welchen der Ritter feine Gewandtheit zeigen und Ruhm und Preis einernten sollte. Schon lange vorher verkündigten besondere Herolde die Anordnung eines Turniers. Wer an demselben als „Kämpe" sich beteiligen wollte, schrieb seinen Namen bei den Turniervögten ein und bewies seine Ehrenhaftigkeit und Turnierfähigkeit. Zu dem Zwecke mußte durch die Ahnenprobe nachgewiesen werden, daß man mindestens vier ebenbürtige Ahnen habe. Wer in eine Stadt zog, um daselbst kaufmännische Geschäfte zu treiben, wer die Tochter eines Bürgers oder Bauers heiratete, hörte für sich und seine Nachkommen aus, turnierfähig zu fein. Mehrere Tage vor dem Beginne der Turniere wurden die Wappen und Helme, Rosse, Lanzen, Streitkolben, Schwerter und Rüstungen der- Angemeldeten geprüft. Der Turnierplatz war mit doppelten Schranken umgeben, hinter welchen sich die Sitze der Zuschauer erhoben. Unter dem Klange der Trompeten zogen die Kämpfenden, je nachdem sie das Los zusammenführte, in die Schranken, und nachdem ihre Namen verkündet waren, gab der Turniervogt unter Trompetenschall das Zeichen zum Angriff. In vollem Galopp und mit eingelegter Lanze sprengten die Kämpfer auf einander los, und wer durch einen gewaltigen Stoß feinen Gegner aus dem Sattel hob, galt als Sieger. Oft brachen die Lanzen, ohne daß einer der Kämpfenden in den Sand fiel oder bügellos wurde. Es mußten darum nicht selten mehrere Lanzen gebrochen werden, bis ein Sieger hervorging. Verwundungen und gefährliche Unglücksfälle waren nicht zu vermeiden, daher kam es, daß die Geist-

4. Geschichte des Mittelalters - S. 303

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 42. Wissenschaft und Kunst. 303 begonnen und 1880 vollendet wurde, die Stephanskirche in Wien, der Dom zu Erfurt und viele andere sind in diesem edeln Stile erbaut. Bildnerei und Malerei. Die ersten Spuren bildender Kunst finden sich als Wandmalereien in den Katakomben in Rom und Neapel; Ravenna besitzt die am besten erhaltenen Mosaikbilder. In Deutschland erscheinen sie zu den Zeiten der Karolinger und erinnern bei aller Unvollkommenheit an die antike Technik. Im 11. Jahrhundert wurde die Einwirkung der byzantinischen Kunst in dem architektonischen Charakter der Kunstwerke bemerkbar: symmetrische Strenge bei dem Streben, die Form der Gestalten in scharfer und bestimmter Weise zu fassen. Die menschliche Gestalt erscheint nach toten, mathematischen Gesetzen entworfen, lang gedehnt, die Verhältnisse der Körperteile sind verfehlt, und das Nackte ist unvollkommen ausgebildet. Die Gewänder sind in lange, einfache Falten gelegt. Die Malereien der karolingischen Zeit zeigen saftige, mit unsicher geführtem Pinsel ausgetragene Farben, in der folgenden byzantinischen Periode feine, saubere Ausführung in trockener Farbe und können nur als kolorierte Zeichnungen betrachtet werden. Die Kunst der Mosaikmalerei, die im Abendland erloschen war, wurde in Italien nach byzantinischem Muster erneuert, gelangte jedoch erst im 12. und 13. Jahrhundert zu freierer und selbständigerer Ausbildung. Mit dem Schlüsse des 12. und dem Anfange des 13. Jahrhunderts trat in Deutschland ein bedeutender Aufschwung der bildenden Kunst ein: die gemessene Strenge des als Grundlage beibehaltenen romanischen Stils weicht einer tiefen Innigkeit des Gefühls und einer frommen, gemütvollen Auffaffung. Die menschlichen Gestalten verlieren den kalten starren Charakter und nehmen eine lebensvolle, anmutige Haltung an; die Gesichter zeigen einen weichen, lieblichen Ausdruck; die Schultern sind jedoch mit den eng anliegenden Armen oft zu schmal gehalten, die Hände erscheinen zuweilen verdreht. Die Gewänder fließen in langer, weich geschwungener Faltung. Im Laufe des 13. Jahrhunderts macht sich der Einfluß des in der Baukunst vorherrschenden gotischen Stils auf die Skulptur durch die demselben entlehnten Ornamente, sowie durch ein gewisses gedehntes, manieriertes Wesen bei den Figuren geltend. Die Malereien gotischen Stils sind bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts noch einfach kolorierte Umriß- zeichnungen , und erst später gelangt dieser Kunstzweig zu höherer Ausbildung und Bedeutung. Die Umwandelung der Malerei, welche in Flandern im Anfange des 15. Jahrhunderts durch die Gebrüder van Eyck bewirkt wurde, denen die Vervollkommnung und

5. Geschichte des Mittelalters - S. 313

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 43. Frauen des vierten Zeitraums. 313 Sicseirt der Kaiser entdeckte ihre Anschläge, rüstete sich heimlich zur Reise nach Ungarn, setzte sich einen frischen Lorbeerkranz aus das greise Haupt und ließ sich in einer offenen Sänfte durch die Stadt Prag und zum Thor hinaustragen. Unter starker Bedeckung mußte ihm die Kaiserin folgen. Zu Znaym ließ Sigismund die Standesherrn von Böhmen, Mähren und Ungarn seinem Schwiegersöhne huldigen und vereitelte dadurch Barbaras Absichten. Hier starb der Kaiser 1437. Seinem Willen gemäß wurde die Leiche nach Großwardein geführt, Barbara seinem Testament zufolge dicht hinter seinen Sarg auf den Wagen gesetzt und, da sie sich sträubte, mit Ketten angeschmiedet. Barbaras Lebenswandel wird auch nach dem Tode ihres Gemahls als ein äußerst schamloser getadelt. 12. Maria von Burgund war die Tochter Karls des Kühnen (§• 38, 2) und am 13. Februar 1457 zu Brüssel geboren. Die Feierlichkeiten bei der Taufhandlung dauerten 15 Tage und waren so großartig, daß die burgundischen Schriftsteller nicht Worte genug finden können, um alles ausführlich zu beschreiben. Die fürstlichen Gemächer waren bis auf die Schlasstätten mit den kostbarsten Möbeln und Teppichen geschmückt, Straßen und Kirchen prachtvoll verziert und alles Geschirr von Gold und Silber. Über 400 Fackeln wurden bei Anlaß der Taufe verbrannt. Maria erhielt in Alma von Salins und Maria Hallwyn zwei vorzügliche Erzieherinnen, welche auf die segensreichste Weise ihre Anlagen bildeten. Große Herzensgüte, ein edler Stolz, frommer Sinn und fester Charakter zeichneten die edle Prinzessin vor vielen ihrer Standesgenossen aus. Ihre physischen und geistigen Kräfte wurden gleichmäßig geübt. Sie las Sagen, Lieder und Geschichtsbücher, machte fortschritte in der Tonkunst, übte das Schachspiel und verstand das wildeste Roß zu tummeln, aus welchem sie gern den Freuden der Jagd nachging. Maria hatte das 16. Jahr erreicht, als Kaiser Friedrich Iii. mit ihrem Vater in Trier zusammenkam, um ihre Hand seinem ©ohne Maximilian zu sichern; allein die Unterhandlungen der Väter zerschlugen sich. Als nun vier Jahre später Karl der Kühne in der Schlacht bei Nancy (1477) gefallen war, versuchte der französische König Ludwig Xi. (§. 38, 3) das Herzogtum Burgund zu nehmen, um Maria zu einer Heirat mit dem Dauphin geneigter zu machen. Aber sie zog Maximilian vor, und dieser wurde am 20. August 1477 in ®ent mit Maria getraut. Eine ungeheure Pracht herrschte bei den Vermählungsseierlichkeiten. Sämtliche Herren waren schwarz gekleidet und trugen reichverzierte Helme, Barette und Mützen; Maximilian einen wertvollen silbernen Harnisch. Ebenso reich und kostbar war Maria angethan. Sie trug ein weißes.

6. Geschichte des Mittelalters - S. 314

1888 - Wiesbaden : Kunze
314 Vierte Periode des Mittelalters. durch und durch gesticktes Gewand von Damast, über demselben eine Mantille von demselben Stoffe, gefüttert mit Hermelin, einen Gürtel von Gold, der mit den seltensten Edelsteinen besetzt war, und von welchem eine reiche Tasche herabhing. Ihr Haupt war mit der bur-gundischen Krone geziert, welche mit den kostbarsten Juwelen ausgelegt war. In großen Locken hing das braune Haar auf den Nacken herab. Die Schleppe des Kleides trugen zwei der vornehmsten Hofdamen. Maximilian galt für den schönsten Mann seiner Zeit. Die Ehe, welche er mit Maria eingegangen hatte, wurde eine sehr glückliche, und der Besitz zweier Kinder erhöhte dasselbe noch. Aber nur fünf Jahre währte es. Maria, eine leidenschaftliche Freundin der Falkenjagd, folgte einst ihrem Gemahle dahin. Schon waren verschiedene Reiher gefangen, da gewahrte Maria auf einem Baume einen vorzüglich schönen und großen. Ein Graben hemmte den Weg. Rasch spornte sie das Pferd an; es scheute und warf die mutige Reiterin auf eine so unglückliche Weise ab, daß das Pferd selbst stürzend auf die Fürstin fiel. Nach wenigen Tagen erlag sie den fürchterlichsten Schmerzen, welche die erhaltenen Verletzungen ihr bereiteten. Während Maximilian bei der Gewißheit des unersetzlichen Verlustes verzweiflungsvoll die Hände rang, nahm sie von ihrer Umgebung zärtlichen Abschied. „Ade, teuerster Max", sprach sie, „Du edles, kaiserliches Blut; wir müssen fortan geschieden sein! Ade, geliebter Sohn, noch so zart an Jahren; Du wirst für lange Zeit eine mutterlose Waise bleiben! Ade, süßes Töchterchen, ade, ihr beiden jungen Wesen! Ich verlasse Euch zu bald; aber ich darf nicht länger zögern, ich muß zu denjenigen, welche vor mir hinübergegangen sind!" Mit gebrochener Stimme sprach sie zuletzt noch: „Ade, meine Herrschaft von Burgund und ihr alle, meine Provinzen der Niederlande, und du, edle Stadt Brügge, welche mich noch einmal traulich aufgenommen hat. Ich gehe wohl allzufrüh von euch, aber wider den Tod giebt es kein Mittel; ich fühle, mein Stündlein nahet!" In wenigen Augenblicken war sie verschieden (1482). „Nie, so lange ich lebe", ries Kaiser Maximilian aus, „werde ich dies treue Weib vergessen!" Ihr Leichnam wurde einbalsamiert und in der Kirche Unserer lieben Frauen zu Brügge feierlich beigesetzt. Jedermann ehrte die Geschiedene auch im Tode durch Fürbitte, Opfer und Gebet.

7. Geschichte des Mittelalters - S. 288

1888 - Wiesbaden : Kunze
288 Vierte Periode des Mittelalters. hieß der Kessel fang. Später bediente man sich der Kreuzprobe. Man stellte nämlich entweder den Kläger und den Angeklagten mit ausgestreckten Armen unter ein Kreuz und erklärte den für schuldig, welcher zuerst die Arme sinken ließ, oder man bezeichnete von zwei Würfeln den einen mit einem Kreuze, und sprach den frei, welcher den gezeichneten Würfel zog. Bei der Schwimmprobe galt es als Beweis der Schuld, wenn der ins Wasser Gestürzte nicht untersank. Bei der Probe des geweihten Bissens gab man dem Angeschuldigten unter den ärgsten Verwünschungen eine geweihte Hostie in den Mund. Konnte er diese ohne Mühe verschlucken, und blieb er auch nachher ohne Krankheit und Schmerzen, so wurde er für unschuldig erklärt. Endlich wird noch das Bahrrech t erwähnt. Man legte die Leiche eines Ermordeten auf eine Bahre und ließ den des Mordes Verdächtigen die Wunde berühren. Sobald das Blut aus derselben oder Schaum aus dem Munde des Gemordeten trat, oder wenn der Tote sich veränderte, so war der Angeklagte des Mordes schuldig. Manchmal nahm man statt der Leiche nur die Hand des Ermordeten; dies nannte man „das Scheingehen". Tie Ordalien kamen im 15. Jahrhundert ab; länger hielt sich die Tortur. Die Folter oder Tortur war ein Mittel zur Erregung heftiger körperlicher Schmerzen bei dem Angeklagten, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Die Tortur hatte mehrere Grade. Der erste Grad bestand in Peitschenhieben bei ausgespanntem Körper und im Zusammenquetschen der Daumen in eingekerbten oder mit stumpfen Spitzen versehenen Schraubstöcken; derzweite in heftigem Zusammenschnüren der Arme mit härenen Schnüren, im Zusammenschrauben der Beine mit ähnlichen Werkzeugen, den spanischen Stieseln. Ein kreuzweises Zusammenpressen der Daumen und großen Zehen geschah durch das sogenannte mecklenburgische Instrument. Der dritte Grad bestand im Ausrecken des Körpers mit rückwärts aufgehobenen Armen auf einer Bank oder Leiter oder durch die eigene Schwere des Körpers, wobei Gewichte an die Füße gehängt wurden. Diese Marter wurde noch durch Brennen in der Seite, auf den Armen, an den Nägeln erhöht. Außerdem gab es noch eine Menge anderer Peinigungsmittel, z. B. die pommersche Mütze, welche den Kops aus eine bedenkliche Weise zusammenpreßte; der gespickte Hase, eine Rolle mit stumpfen Spitzen, über welche der auf der Leiter ausgespannte Körper auf-und abgezogen wurde. Gewöhnlich setzte man die Folter fort, bis ein Geständnis erfolgte. Leugnete der Beklagte, so fuhr man fort, den-

8. Geschichte des Mittelalters - S. 4

1888 - Wiesbaden : Kunze
4 Aus der deutschen Vorzeit. an der Mündung der Oder und auf Rügen, die Burgunder von der Oder bis zur Weichsel, die Goten oder Gotonen um die Weichselmündungen. Vom Thüringer Wald bis zur Donau wohnten die Hermunduren, im heutigen Schlesien die Vandalen, in Böhmen die Markomannen, östlich bis zu den Karpathen die Du adert. Gestalt und Lebensweise. Die alten Deutschen waren hochgewachsene, kräftige Gestalten mit feurigen, blauen Augen, blondem, lang herabwallendem Haupthaar, breiten und starken Schultern. Sie schätzten die Unabhängigkeit des unfreundlichen Landes über alles hoch, waren mutig und unermüdlich im Kampfe und auf der Jagd. Zu regelmäßiger Arbeit waren sie nicht geneigt. Durst und Hitze konnten sie nicht ertragen; an Kälte und Hunger hatte das rauhe Klima des ungastlichen Bodens sie von Jugend auf gewöhnt. Ihre Kleidung bestand vorzugsweise aus Tierfellen. Alle hatten einen Mantel zur Bedeckung, welcher mit einer Spange oder einem Dorn zusammengehalten wurde. Die Reichen trugen eng anschließende Kleider aus Leinen oder Wolle und Felle wilder Tiere, welche sie mit seltenem Pelzwerk verbrämten. Männer und Frauen hatten häufig die gleiche Kleidung, außer daß die Frauen öfter leinene Umwürfe trugen, welche mit Purpur besetzt waren und keine Ärmel hatten. Speise und Trank waren sehr einfach. Wildes Obst, frisches Wild, Haferbrei, Brot und geronnene Milch stillten in der Regel ohne weitere Leckerbissen den Hunger; ihr gewöhnlicher Trank war ein Saft, der aus Gerste (Bier) oder aus Honig (Met) bereitet war. Die Stämme, welche an den Ufern der Flüsse oder am Meere wohnten, erhandelten auch Wein. Wohnung. Aus der Vorliebe der Germanen zum freien, unftäten Umherziehen erklärt sich ihre Abneigung gegen die Städte. Sie verglichen dieselben mit Gefängnissen und bauten sich deshalb lieber einzeln und abgesondert da an, wo eine Quelle, ein Bach, ein Feld oder Hain ihnen gefiel. Die Hütte stand häufig in der Mitte der Mark, welche zu derselben gehörte und mit einem Zaun eingehegt war. Zum Bauen bedienten sich die alten Deutschen weder der Bruchsteine, noch der Ziegel. Zhr ganzes Baumaterial war unförmlich und ungefällig. Den Hauptraum des Hauses nahm eine Halle ein, an dessen Hinterem Ende sich der Herd befand, wo das Feuer selten erlosch. In Ermanglung eines Schornsteins mußte der Rauch seinen Ausweg durch die Thür oder durch Dachluken nehmen. Der Herd bildete den Sammelpunkt für die Familie. Hier befand sich der Sitz des Hausherrn, Tisch und Bänke für die

9. Geschichte des Mittelalters - S. 6

1888 - Wiesbaden : Kunze
6 Aus der deutschen Vorzeit. alten Germanen für ehrenvoll, und darin wurden auch die Knaben von Jugend auf geübt. Es gab für die Jünglinge kein größeres Fest, als wenn sie zuerst mit dem Vater die reißenden Tiere des Waldes erjagen oder das heiße Getümmel der Schlacht an seiner Seite kennen lernen durften. Der Sohn lernte vom Vater den Gebrauch der Waffen hochachten und die Beschäftigung des Friedens geringschätzen. Darum blieben auch die Männer, wenn Krieg und Jagd ruhten, müßig und stöhnten ihrer Eß- und Trinklust oder schliefen, indem sie die Bebauung des Ackers und die Hut der Herden den Knechten und Sklaven, die Sorge für Haus und Hof den Frauen überließen. Sie hielten es für unwürdig, den Acker zu bauen und durch Schweiß und Arbeit den Lebensunterhalt zu erwerben, wenn man ihn auf anderem Wege, durch Kamps und Blut, gewinnen könne Daher standen Ackerbau und Viehzucht aus niedriger Stufe; der Handel war auf den Eintausch fremder Gegenstände, wie Waffen, Schmucksachen, Metalle, Wein gegen Tierfelle, Vieh, Bernstein u. a. beschränkt. Gewerbe wurden nicht getrieben, und Handwerker kannte man nicht: Hausgeräte und Kleidung stellten die Hausgenossen selbst her. Waffen. Die freien Germanen trugen als äußeres Abzeichen ihrer Freiheit stets den Schmuck der Waffen; die Knechte wurden dieser Auszeichnung nicht für würdig erachtet. Die Waffen waren in der ältestenßeit aus Stein, später aus Metall. Die Hauptwaffen waren: der Speer, mit kurzer Eisenspitze zu Stoß und Wurf, der aus Holz gefertigte und mit einer Tierhaut überzogene Schild, zum Schutze gegen Wurf und Hieb, sowie ein langes, gerades Schwert; dazu kamen Bogen und Pfeile. Einzelne Völkerschaften trugen Streitäxte. Helm und Panzer wurden nur von wenigen getragen; das Haupt war entweder frei, oder es war mit der Schädelhaut eines Stieres bedeckt, welcher man Ohren und Hörner belassen hatte. Tierbilder nahmen die Stelle der Fahnen ein. Die germanischen Frauen standen allenthalben in hohen Ehren. Man glaubte, es wohne ihnen etwas Heiliges inne, und sie könnten mit prophetischem Blicke die Zukunft enthüllen. Die Ehre und Unschuld der Frauen war den Männern stets heilig; niemand lächelte über das Laster. Die Ehe wurde von dem Manne selten vor dem 30., von der Jungfrau selten vor dem 20. Lebensjahre eingegangen. Die Tochter erhielt keine Mitgift; der Bräutigam mußte vielmehr die Braut den Eltern förmlich abkaufen und ihr auch ein aufgezäumtes Roß, einen Schild und einen Speer schenken. Diese Gabe hatte bei den

10. Geschichte des Mittelalters - S. 210

1888 - Wiesbaden : Kunze
210 Dritte Periode des Mittelalters. dürfen und gelobte Treue. Gewöhnlich erfolgte die Einwilligung der Dame, und ein Ring besiegelte die eingegangene Verbindung. Der Gebrauch, welcher hie und da bei der Aufnahme in den Ritterstand geübt wurde, die Haare zu scheren, kam auch manchmal beim Eintritt in den Minnedienst vor. Der Ritter trug nunmehr die Farben seiner Dame und auch ein Wappenzeichen, welches sie ihm gegeben hatte. Es war dies bald ein Ring, ein Gürtel, ein Band, ein Schleier oder ein Ärmel, welchen sie selbst getragen. Dies be-sestigte der Ritter zu Ehren seiner Dame auf der Lanze oder dem Schilde, und je zerfetzter es aus dem Kampfspiele oder blutigen Strauße hervorging, desto größer war die Freude. Gegen ein neues Zeichen gab es der Ritter öfter seiner Dame zurück, welche es wie den schönsten Schmuck trug. Schon frühzeitig war es Sitte gewesen, daß die Ritter kunstreich gearbeitete Feldbinden und Gewänder von ihren Damen erhielten und ihnen zu Ehren trugen. Durch diese Auszeichnung, welche das Rittertum dem weiblichen Geschlechte erwies, vergaßen die Frauen wohl ihre eben errungene Stellung und betrachteten nicht selten ihre Ritter als ein Spielzeug, mit dem sie in heiterer, spaßhafter Laune sich die Zeit zu verkürzen erlaubten. Sie ließen sich nämlich nicht daran genügen, von den Rittern im allgemeinen Beweise der Liebe zu verlangen; sie forderten auch im besondern als Beweis des Gehorsams, des Mutes und der Aufopferungsfähigkeit diese oder jene Unternehmung, welche die Geduld der Männer und die Laune der Frauen erkennen läßt. Der Ritter wurde oft in Aussicht auf besondere Gunst mit Ausgaben beladen, welche er nicht erfüllen konnte, und durch furchtbare Ungnade bestraft, welche er, weil es Mode war, mit größter Selbstverleugnung und meist mit wirklichem Schmerz ertrug. Der Tannhäuser, ein Minnesänger des 13. Jahrhunderts, geißelte diesen weiblichen Übermut mit folgenden Worten: „Bald foll der Dame ich den Salamander bringen, die Rhone bald in Nürnberg strömen lassen, die Donau, dann den Rhein hinüber schwingen und noch auf meiner Bitt' Erhörung passen. Ja, Dank sei ihr, ihr Nam' ist Gute; sprech' ich ein Ja, so spricht sie Nein; sie will den heil'gen Gral selbst Han, den Parzival gehütet hat; des Apfels gert sie drauf zur Statt, den Paris Venus hat gegeben; den Zaubermantel auch daneben, der nur den treuen Frauen paßt. O weh, ich bin ihr ganz verhaßt, schaff' ich ihr nicht die Arche rasch zur Hand, daraus Herr Noah Tauben hat entsandt." Nicht alle Ritter wußten sich so gut über die Launen und den
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